Stadtbahnwagen B - Serie 2200

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Christoph L
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Stadtbahnwagen B - Serie 2200

Beitrag von Christoph L »

KVB-Serie 2200 (Typ B80D, Baujahr 1987 bis 1992)
Bereits während der Auslieferung der Serie 2100 wurden bei der KVB Überlegungen bezüglich einer grundlegenden Weiterentwicklung des Stadtbahnwagen B angestellt. Es war bereits absehbar, dass mit Fertigstellung des nächsten U-Bahn-Bauabschnitts im Bereich Ehrenfeld/Venloer Straße bis zum Gürtel weitere Stadtbahnfahrzeuge benötigt wurden. Dies führte schließlich zu einem Fahrzeug, das als technisch moderner, fahrgastfreundlicher und dazu noch im Vergleich zu den Vorgängerserien preisgünstiger galt.
Die Fahrzeugmechanik des ersten Bauloses wurde je zehnmal von der DUEWAG AG Düsseldorf und von der Waggon-Union Berlin geliefert. Der elektrische Teil kam dagegen von SIEMENS Erlangen und wurde bei Kiepe Düsseldorf montiert.

Fahrzeugkonzeption
Da auf den Stadtbahnlinien der KVB zunehmend Doppelzüge fuhren, wurden von den vier Fahrerkabinen eines solchen Zugverbands planmäßig nur zwei benötigt. Um Kosten für zwei Fahrerräume mit den jeweiligen technischen Einrichtungen einzusparen, sollten die neuen Fahrzeuge jeweils nur mit einer Fahrerkabine ausgerüstet werden. Durch Kopplung von zwei Fahrzeugeinheiten Heck an Heck entstand dann wiederum der benötigte Zweirichtungszug.

Drehstromtechnik
Die konventionellen Gleichstrom-Fahrmotoren, die zuvor in den Stadtbahnwagen der KVB eingesetzt wurden, sollten bei den neuen Fahrzeugen durch robuste und weitgehend wartungsfreie Drehstrom-Asynchronmotoren ersetzt werden. Als weiteren Vorteil bot die Drehstromtechnik die Möglichkeit, die beim Bremsen vernichtete Bewegungsenergie wieder in Strom zurück zu verwandeln. Bis zu 25 Prozent der dem Fahrleitungsnetz beim Beschleunigen und Fahren entnommenen Energie sollte so bei Bremsvorgängen wieder in die Oberleitung zurückgespeist werden.
Die Fahr-/Bremsregelung der Fahrzeuge wurde mit Bausteinen des Microcomputersystems SIBAS (Siemens-Bahn-Automatisierungs-System) aufgebaut. Dieses System erlaubt die Realisierung einer vollständig digital arbeitenden Steuerung für Bahnfahrzeuge. Zu den Funktionen, die das System ausführt, gehören nicht nur sämtliche Fahr- und Brems-Befehle, sondern auch Schleuder- bzw. Gleitschutzregelung sowie Überwachungsfunktionen bis hin zur Umschaltung auf ein zweites Bremssystem, wenn die erste Bremseinrichtung ihre Sollwerte nicht erreicht. Der Rechner registriert zudem alle Unregelmäßigkeiten der einzelnen Steuerungsgruppen in einem Fehlerspeicher zur Auslesung in der Werkstatt.
In den Triebdrehgestellen wurde erstmals serienmäßig das Antriebsaggregat „SIRATRAC“ eingebaut. Die bei der KVB bisher eingesetzte Antriebsart wurde so zu einer Doppeleinheit erweitert, bei der nicht nur jeder Radsatz ein eigenes Getriebe, sondern auch einen eigenen Antriebsrotor hat. Außer Preis- und Gewichtsvorteilen bei der Anschaffung ergaben sich in der Instandhaltung einige Vorteile, da die Achsen mechanisch entkoppelt sind, so dass die Radsätze sich einzeln den Reibungsverhältnissen Rad-Schiene optimal anpassen können. Ferner ist die Nachbesserung jedes Radsatzes unabhängig von weiteren Fahrzeugachsen möglich, so dass die maximal möglichen Laufweiten von gummigefederten Radreifen voll genutzt werden können. Während bei den Fahrzeugen der Serien 2000 und 2100 der Unterschied der Raddurchmesser der beiden Achsen eines Drehgestells nur maximal 1 Millimeter betragen dürfte, waren bei den Fahrzeugen der Serie 2200 wegen der mechanischen Entkopplung der beiden Achsen bis zu 5 Millimeter Differenz zulässig. Die Getriebeübersetzung wurde mit 5,556 : 1 für eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ausgelegt.

Wagenkasten
Der Wagenkasten aus rostfreiem Edelstahl war eine Neukonstruktion in Anlehnung an die Abmessungen der Vorgängerserien. Zur besseren Zugänglichkeit der unter dem Wagenboden angeordneten Baugruppen wurden sämtliche Sichtblenden auf der Außenseite des Wagenkastens hochklappbar konstruiert.

Fahrgasttüren
Eine hohe Zuverlässigkeit wurde von der Verwendung von Außenschwingtüren mit elektrischem Antrieb anstatt der bisherigen druckluftbetätigten Schwenkschiebetüren erwartet. Der elektrische Antrieb war deutlich geräuscharmer und erforderte weniger Bau- und Verschleißteile.
Die Fußbodenhöhe betrug auch bei diesen Fahrzeugen bei Neuzustand der Radreifen 1000 mm über Schienenoberkante, so dass von 90 cm hohen Bahnsteigen nahezu stufenlos eingestiegen werden konnte. Zur Bedienung tiefer Bahnsteige standen weiterhin Schwenkstufen zur Verfügung. Hierbei wurde der dreistufige Einstieg beibehalten, jedoch lag die unterste Stufe bei ca. 56 cm, so dass Fahrgast nur noch normale Stufenhöhen von ca. 22 cm zu überwinden hatte, die dazu noch in einem günstigeren Winkel von 42 Grad angeordnet sind. Bei den Vorgängerfahrzeugen betrug die Stufenhöhe dagegen mindestens 30 cm bei einem Winkel von 51,5 Grad. Aufgrund der geänderten Stufenanordnung konnten die Fahrzeuge der Serie 2200 allerdings nur auf Strecken eingesetzt werden, deren Bahnsteige mindestens 35 cm hoch waren. Zu Zeit der Anlieferung der ersten Fahrzeuge der Serie 2200 war dies nur auf der Stadtbahnlinie 16 gegeben. Relativ schnell kamen dann aber weitere Linien hinzu.
Ein weiterer Vorteil der neuen Türkonstruktion war der Wegfall der senkrechten Stange in der Mitte der Türöffnung. Der Durchgang von 1,30 m Breite und einer Höhe von mindestens 1,90 m konnte erstmals an allen Türen ungehindert genutzt werden.

Innenraum
Beleuchtung, Heizung, Innenraumgestaltung und Fahrgastinformation wurden neu durchdacht und fahrgastfreundlich ausgelegt. Die Wandverkleidungen waren nun in dunkleren und somit „wärmeren“ Farbtönen gehalten, die Farbe der Haltestangen dagegen auffallend lila bzw. türkis. Die Anordnung der Fenster entsprach wieder genau der Sitzaufteilung im Innenraum. Bei den DUEWAG-Fahrzeugen wurde außerdem die Unterkante der Fenster bis auf Höhe der Armlehnen abgesenkt.
Die durch den Fortfall eines Fahrerraums hinzugewonnene Fläche wurde teilweise zum Einbau von weiteren Sitzplätzen genutzt, es wurden fünf Sitzplätze im Heckraum neu angeordnet. Im Gelenkbereich wurden jedoch drei Sitzplätze nicht mehr eingebaut, um ausreichend Stellplätze für Kinderwagen oder Rollstühle zu schaffen. Die Sitzplatzanzahl erhöhte sich dadurch nur von 76 auf 77 Plätze.
Wesentlich erweitert wurde bei den Sitzgruppen der Sitzrückenabstand. Der Sitzgruppenteiler vergrößerte sich von 1587 mm (Serie 2000) über 1625 mm (Serie 2100) auf nun 1681 mm; das bedeutet 10 cm mehr Abstand zwischen den Knien der sitzenden Fahrgäste.
Die Sitz- und Rückenflächen der Sitze wurden mit Kissen aus Neoprenschaum mit Wollplüschbezug versehen. Zur Armauflage wurden die Fenster tiefer gezogen, wobei die untere Einfassung zur Armauflage verbreitert wurde. Ein weiterer Vorteil bei den Sitzen wurde dadurch geschaffen, dass die Sitzflächen nicht mehr unterbaut wurden. Füße und Handgepäck können nunmehr ungehindert abgestellt werden. Als Ersatz wurde ein großer Geräteschrank in der Fahrerraumrückwand integriert.
Das neue Fahrzeug zeichnet sich durch eine verbesserte Einsehbarkeit aus. Um dies zu erreichen, wurden die senkrechten Haltestangen an den Sitzgruppen durch große Halteösen ersetzt. Außerdem wurden die breiten Schrägflächen zwischen Fensteroberkante und Lichtband als Informationsflächen konzipiert, so dass die Glasscheiben der Sitzgruppenrückwände künftig frei von Fahrgastinformationen bleiben konnten. Die großen Heckscheiben der Fahrzeuge gestatteten nun eine freie Durchsicht durch einen Doppelzug. Bei den DUEWAG-Fahrzeugen wurde zudem der Gelenkdurchgang dank einer neuen weitgehend portalfreien Konstruktion beträchtlich erweitert, so dass dieser nun fast Wagenbreite aufwies.

Kosten
Der Stadtbahnwagen der Serie 2200 wog nur noch 37 Tonnen. Dieses geringere Fahrzeuggewicht bedeutet eine Herabsetzung der Folgekosten durch geringeren Energieverbrauch und Minderung der Fahrzeugrückwirkung auf den Gleisoberbau.
Der Preis für die 20 Stadtbahnwagen des ersten Bauloses betrug pro Fahrzeug ca. 2,4 Mio. DM. Eine Weiterbeschaffung der Serie 2100 in Stahl mit konventioneller Gleichstromtechnik hätte dagegen nach Schätzungen der KVB zwischen 2,7 und 2,8 Mio. DM gekostet.
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